Freitag, 24. Juli 2009

Chris Frith: Making Up the Mind - How the Brain Creates Our Mental World

Seit man Vorgänge im Hirn technisch visualisieren, dem Mensch also beim Denken zusehen kann, hat die (Neuro-)Psychologie große Fortschritte gemacht. Da und dort fehlen zwar noch sehr viele Details, aber das "Bild" ist deutlich klarer geworden.

Vorbelastet durch die buddhistische Literatur der letzten Wochen fallen mir natürlich die vielen Parallelen auf. Das, was die einen durch jahrelanges Rumsitzen aus der Innenperspektive erkundet haben, finden die anderen nun auch in der Außenperspektive vor. Abstrahiert man vom entsprechend verwendeten Vokabular, sind die Ähnlichkeiten frappant.

Fakt: Sinneswahrnehmungen werden dem Gehirn in vereinheitlichter Form übermittelt. Der Inhalt der Signale läßt keinen Rückschluß mehr zu, ob ein Signal z.B. vom Auge oder vom Ohr kam.

Das erklärt unter anderem, warum Gehirnareale andere Funktionen übernehmen können. Die Hardware ist vom Input unabhängig. Das erklärt auch, warum manche Menschen Farben hören können oder Musik sehen. Obwohl aus der Innenperspektive Hören und Sehen sich komplett anders darstellen, ist diese Unterschiedlichkeit eine erlernte Illusion.

Eines der Schwerpunktthemen meines Studiums war 'Computer Vision', also die Frage wie man Computern das Verstehen eines Bildes/einer Serie von Bildern beibringen kann. Was dem Alltagsbewußtsein so mühelos zu gelingen erscheint, ist ein außergewöhnlich schwieriger, komplexer, mehrstufiger und vor allem fehleranfälliger Prozeß. Kontrastveränderungen definieren Kanten, Kanten definieren Formen, Farben definieren Muster, Mustererkennung, Formerkennung, perspektivische Verzerrungen, Überlappungen und Verdeckungen von Formen, und und und .... allein der Prozess des Wiedererkennens eines Objekts unter einer anderen Beleuchtungssituation ist schwierig.

Die Ansätze und Methoden, die sich dafür in den letzten 20-30 Jahren als mehr oder minder optimal etabliert haben, finden sich auch in unserer Hardware wieder. Da werden genauso Kontraste analysiert, um Kanten und Formen vom Hintergrund loszulösen. Aufbauend auf seine Erinnerungen stellt das Gehirn dann Hypothesen an, was es sieht und versucht diese Hypothesen zu überprüfen.

Wenn man in die Wolken sieht, nimmt man erst nur weiße und blaue Farben wahr. Langsam differenziert man einzelne Formen, ein Gesicht erscheint vor dem geistigen Auge oder ein Tier oder anderes. Sobald man etwas zu erkennen glaubt, wird das geistige Bild lebendiger, erhält Details aus der Erinnerung. Je weniger man sich dabei anstrengt zu erkennen, um so deutlicher kann der unbewußte Konstruktionsprozeß wahrgenommenen werden.

Als die Aborigines die ersten Schiffe sahen, sahen sie seltsame Schwärme fliegender Fische. Wir sehen, was wir glauben zu sehen, d.h. wir sehen unsere Hypothesen, die sich auf unsere Erinnerungen stützen. Ist eine Hypothese nicht mehr haltbar, wird sie durch die nächste, besser passendere Hypothese ersetzt.

Keine Kommentare: