Freitag, 31. Juli 2009

Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.

Wir können etwas, das wir brauchen, nicht lieben.
- Charlotte Joko Beck

Liebe ist kein Synonym für Mögen, Begehren, Sehnen, süchtig nach etwas sein.

Gene.

Denke ich Gene, sehe ich ein Buch mit Kochrezepten vor mir In der Eizelle vermischen sich die Kochbücher von Mam und Dad nach bestimmten Regeln zu einem einzigen Exemplar und das Wechselspiel zwischen Zelle und Umgebung beginnt.

Gene kodieren Rezepte, Herstellungsvorschriften für bestimmte Botenstoffe. Sie kodieren keinerlei explizites Verhalten. Die Frage, welches Verhalten angeboren ist, ist nur eine rhetorische Frage, denn zum Zeitpunkt der Geburt haben wir schon neun Monate Lern- und Anpassungsprozesse hinter uns.

Was ein Baby im Mutterleib erlebt, wie es seine Umgebung wahrnimmt und wie es sich daran anzupassen versucht, ist nicht nachvollziehbar. Eng, feucht, dunkel, dumpfes Pochen, Blubbern, eine sich willkürlich ändernde Umgebung, mal kopfüber, mal anders herum, durchströmt von den seltsamsten Stoffen in vielfältigsten Dosierungen. Also schön, stelle ich mir anders vor.

Montag, 27. Juli 2009

Reframing.

Eines Tages lief das einzige Pferd eines Bauern weg. All seine Nachbarn riefen, wie schrecklich das sei, aber der Bauer meinte nur, 'vielleicht'. Ein paar Tage später kehrte das Pferd zurück und brachte zwei Wildpferde mit. Die Nachbarn freuten sich alle über sein günstiges Geschick, aber der Bauer sagte nur, 'vielleicht'. Am nächsten Tag versuchte der Sohn des Bauern, eines der Wildpferde zu reiten. Das Pferd warf ihn ab, und er brach sich ein Bein. Die Nachbarn übermittelten ihm alle Ihr Mitgefühl für dieses Mißgeschick, aber der Bauer sagte wieder 'vielleicht'. In der nächsten Woche kamen Rekrutierungsoffiziere ins Dorf, um die jungen Männer zur Armee zu holen. Den Sohn des Bauern wollten sie nicht, weil sein Bein gebrochen war. Als die Nachbarn ihm sagten, was für ein Glück er hat, antwortete der Bauer, 'vielleicht'.

Unglück ist eine Frage des Kontexts. Verschiebt sich der Kontext, verschiebt sich die zugewiesene Bedeutung.

Ich darf mir den Bauern nicht als emotionslosen, stoischen Menschen denken, sondern als einen, der sich seine Zufriedenheit, sein inneres Glück bewahren gelernt hat.

Freitag, 24. Juli 2009

Alles ist gut.

Aufwachen und spüren: alles ist gut. Es ist tatsächlich gut. Hier und jetzt.

Erst als ich heute Mittag ein Wunschziel für einen NLP-Selbstversuch gesucht habe, entdeckte ich meine Wunschlosigkeit. Ich bin völlig zufrieden im Jetzt. Ich mache, was ich mache. Ich lerne NLP, beschäftige mich mit östlicher Philosophie, mit Meditation, Yoga und ähnlichem. Alles Soll, Muß, Würde und Könnte ist aus meinem Kopf gefegt. Ich folge meiner Intuition, die mich momentan kreuz und quer durch mentale Techniken und spirituelle Praktika treibt.

Eigentlich ist es ein Armutszeugnis, erst nach über vierzig Jahren rauszufinden, wie sehr sich der eigene Geist formen läßt. Tue ich es nicht selbst, übernimmt diesen Job die Umwelt. Und was von den zwei Alternativen ist da wohl die vernünftigere?

Angekommen fühlen und doch in Bewegung sein. Schön.

Chris Frith: Making Up the Mind - How the Brain Creates Our Mental World

Seit man Vorgänge im Hirn technisch visualisieren, dem Mensch also beim Denken zusehen kann, hat die (Neuro-)Psychologie große Fortschritte gemacht. Da und dort fehlen zwar noch sehr viele Details, aber das "Bild" ist deutlich klarer geworden.

Vorbelastet durch die buddhistische Literatur der letzten Wochen fallen mir natürlich die vielen Parallelen auf. Das, was die einen durch jahrelanges Rumsitzen aus der Innenperspektive erkundet haben, finden die anderen nun auch in der Außenperspektive vor. Abstrahiert man vom entsprechend verwendeten Vokabular, sind die Ähnlichkeiten frappant.

Fakt: Sinneswahrnehmungen werden dem Gehirn in vereinheitlichter Form übermittelt. Der Inhalt der Signale läßt keinen Rückschluß mehr zu, ob ein Signal z.B. vom Auge oder vom Ohr kam.

Das erklärt unter anderem, warum Gehirnareale andere Funktionen übernehmen können. Die Hardware ist vom Input unabhängig. Das erklärt auch, warum manche Menschen Farben hören können oder Musik sehen. Obwohl aus der Innenperspektive Hören und Sehen sich komplett anders darstellen, ist diese Unterschiedlichkeit eine erlernte Illusion.

Eines der Schwerpunktthemen meines Studiums war 'Computer Vision', also die Frage wie man Computern das Verstehen eines Bildes/einer Serie von Bildern beibringen kann. Was dem Alltagsbewußtsein so mühelos zu gelingen erscheint, ist ein außergewöhnlich schwieriger, komplexer, mehrstufiger und vor allem fehleranfälliger Prozeß. Kontrastveränderungen definieren Kanten, Kanten definieren Formen, Farben definieren Muster, Mustererkennung, Formerkennung, perspektivische Verzerrungen, Überlappungen und Verdeckungen von Formen, und und und .... allein der Prozess des Wiedererkennens eines Objekts unter einer anderen Beleuchtungssituation ist schwierig.

Die Ansätze und Methoden, die sich dafür in den letzten 20-30 Jahren als mehr oder minder optimal etabliert haben, finden sich auch in unserer Hardware wieder. Da werden genauso Kontraste analysiert, um Kanten und Formen vom Hintergrund loszulösen. Aufbauend auf seine Erinnerungen stellt das Gehirn dann Hypothesen an, was es sieht und versucht diese Hypothesen zu überprüfen.

Wenn man in die Wolken sieht, nimmt man erst nur weiße und blaue Farben wahr. Langsam differenziert man einzelne Formen, ein Gesicht erscheint vor dem geistigen Auge oder ein Tier oder anderes. Sobald man etwas zu erkennen glaubt, wird das geistige Bild lebendiger, erhält Details aus der Erinnerung. Je weniger man sich dabei anstrengt zu erkennen, um so deutlicher kann der unbewußte Konstruktionsprozeß wahrgenommenen werden.

Als die Aborigines die ersten Schiffe sahen, sahen sie seltsame Schwärme fliegender Fische. Wir sehen, was wir glauben zu sehen, d.h. wir sehen unsere Hypothesen, die sich auf unsere Erinnerungen stützen. Ist eine Hypothese nicht mehr haltbar, wird sie durch die nächste, besser passendere Hypothese ersetzt.

Donnerstag, 23. Juli 2009

Betrachtungen des Körpers.

Fast alle Elementarteilchen, aus denen die Atome meines Körpers bestehen, sind 14 Millarden Jahre alt.

Alle höheren, chemischen Elemente entstehen durch Kernverschmelzung im Inneren eines Sterns bzw. während seiner Supernova-Phase. Abgesehen von Wasserstoffatomen besteht mein Körper aus "Sternenstaub".

Keine lebende Zelle in menem Körper ist älter als 7 Jahre. Bis zu meinem Tod ist jeder Teil von mir schon unzählige Male gestorben und aus sich selbst wiedergeboren worden.

Mittwoch, 22. Juli 2009

Martin Suter: Die dunkle Seite des Mondes

Aufgeschlagen, ausgelesen.

Versucht alle, die kritisierende, urteilende Instanz auszuschalten und den Prozeß zu erleben, ohne ihn zu früh analysieren zu wollen.

Doch was passiert, wenn diese innere Kontrollinstanz ausgeschalten bleibt?

Das Buch ist quasi die Antwort auf meine Frage, warum in allen spirituellen Traditionen so viel Wert auf die Entwicklung von Altruismus gelegt wird.

Montag, 20. Juli 2009

Die Plastizität des Gehirns.

Es ist eine urbane Legende wir würden nur einen Bruchteil unseres Gehirns nutzen. Der Organismus ist stets bemüht alle Regionen zu benützen. Wird ein Areal der Großhirnrinde permanent von seinem Originalinput getrennt (z.B. durch Amputation), sterben die Neuronen nicht ab, sondern werden mit der Zeit von Nachbararealen vereinnahmt. Berührungen im Gesicht werden dann u.U. als Berührungen an ganz bestimmten Stellen des amputierten Armes empfunden ... durch optischen Defekt Blinde hören unter Umständen nach Behebung des Defekts unerträglichen Lärm und erlernen das Sehen nie wieder ...

Ich frage mich, ob ich in meinem Bild von Hirnarealen überhaupt so eine klare Trennungen der einzelnen Bereiche machen darf. Jedes Neuron bildet bis zu 10.000 Synapsen mit anderen Neuronen aus. Eigentlich ist es da völlig unwahrscheinlich, dass angrenzende Areale nicht auch deutlich überlappen. Diese Überlappungszonen würde z.B. Effekte wie die Akkupunktur erklären helfen. Die Nadel im Gesicht landet als Nervensystem-Input sowohl im Hirnareal für Gesicht, aber auch im angrenzenden Areal für das Empfinden im Arm und natürlich auch in den anderen angrenzenden Arealen. Anstatt klarer Grenzen: ein subtiles Ineinanderverwobensein abhängig von örtlichen Gegebenheiten (Nachbarschaft).

Nullius in verba.

"Nullius in verba" (nach niemandes Worten) ist das Motto der Londoner Royal Society. Wissenschaft ist der Objektivität und damit der Wiederhol- und Überprüfbarkeit verpflichtet.

Nullius addictus iurare in verba magistri.
- Horaz

Ich schulde den Worten keines Meisters blinden Gehorsam.

Leider habe ich gerade nicht die entsprechende Stelle im Pali-Kanon parat, aber in einer seiner ersten Lehrreden sagte Buddha in etwa Folgendes: Glaube nicht einmal mir - überzeuge Dich selbst.

Sonntag, 19. Juli 2009

Die Macht der Geschichten.

Statt Zeitungen sollten wir Märchen und Sagen lesen. Unmerklich legen sie ihre Samen in unser Unbewußtsein und transformieren uns zu besseren Menschen.

Dem Unterbewußtsein ist es egal, ob etwas erlebt oder erlesen wird. Sobald man mit Herz und Seele in eine Geschichte eintaucht, verankert sie sich auch im Gedächtnis und beeinflußt uns nachhaltig.

NLP.

Das Thema NLP gefällt mir immer besser. Leider ist das 'User Manual' in Englisch, was bei Experimenten doch etwas grübeln verursacht. Wie überträgt man z.B. die typisch englischen Negierungsnachsätze wie "do you?", "don't you?" etc.pp. sauber ins deutsche Sprachmodell? Methodisch wichtig ist die Kürze und der Fragencharakter.

deutsches Beispiel:

Du fühlst Dich jetzt besser, oder?

Der Fragencharakter irritiert das Bewußtsein. Anstatt den Befehl im ersten Teil wahrzunehmen, löst die Frage ein Nachfragen im Inneren aus. Anstatt an seinem Standpunkt festzuhalten, fühlt/horcht/sieht der Angesprochene in sich hinein (Trance). Im Hintergrund versucht das Unterbewußtsein sein Möglichstes dem Befehl nachzukommen und gibt entsprechende Antwort.

Genaugenommen funktionieren solche Sätze natürlich auch geschrieben, zumindest wenn er von jemandem kommt, dem man vertraut. Das Fettgedruckte soll den irritierenden Charakter verstärken und das Bewußtsein noch schnell auf die Frage hinlenken.

Ein deutsches Lehrbuch muß her. 'Der große Zauberlehrling' von Alexa Mohl sieht mit seinen über 900 Seiten genau richtig aus. Die Bestellung ist draußen, die nächste Woche damit gerettet. An meinen Kommunikationsfähigkeiten wollte ich sowieso auch arbeiten.

Samstag, 18. Juli 2009

The Magic of Car Driving.

Schon mal darüber nachgedacht, warum man selbst im dichtesten Straßenverkehr in Gedanken versinken kann und man trotzdem keinen Unfall baut?

Schon mal probiert ganz bewußt autozufahren? Also jeden Handgriff, jedes winzigste Detail der Sinnesrückmeldungen (z.b. die Hand muß noch 2mm weiter links um mittig am Schalthebel zu liegen, da und dort ist jenes Schild, Gaspedal ist halbdurchgedrückt, Vorsicht auf den Kollegen da drüben) bewußt wahrgenommen? Geht gar nicht. In den Scheinwerfer des Bewußtseins passen nur 7 (+/-2) geistige Objekte gleichzeitig. Viel zu wenig, um "professionell" autozufahren. Man muß es erst lernen und lernen heißt Bewußtsein auf etwas richten und einüben.

Das Hirn ist ein Wunderwerk autonomer, unbewußter Prozesse. Selbst die kompliziertesten Abläufe kann man sich einprägen und dann unbewußt aufgrund von externer oder internen Triggern ablaufen lassen (schwache Trigger, die das Bewußtsein nicht anlocken). Man kann "wortwörtlich" wie im Schlaf autofahren, aber eben nicht nur das. Im Grunde läuft alles unbewußt ab. Das Bewußtsein schaut nur hier und da mal vorbei (richtet seinen Scheinwerfer auf was), um sich nach dem Stand der Dinge zu erkundigen, gegebenfalls Abläufe upzudaten oder wenn etwas mal dringlich ist (z.B. Druck auf der Blase zu groß. Hallo? Großhirn?).

In dieser Hinsicht ist Vertrauens auf den autonomen Prozess äußerst wichtig. Wenn etwas "sitzt", ist jeglicher Zweifel daran äußerst kontraproduktiv, da es den Automatismus immer wieder unterbricht.

Das Unterbewußtsein, so wie Freud es sah, existiert nicht.

Weiters existiert kein Teil unseres Körpers der nicht irgendwie mental beeinflußt werden kann. Es ist nur eine Frage des Wie. Adrenalin kann ich zwar nicht durch den Gedankenbefehl "Bitte jetzt Adrenalin ausschütten" produzieren, aber durch entsprechende Visualisierungen und Kontemplationen kann ich mich in einen adrenalin-geschwängerten Gemütszustand begeben. Dem Hirn ist es grundsätzlich egal, ob der Input von Außen oder von Innen kommt. Es behandelt beides gleich, wenn man sich eine Szene nur lebhaft genug vorstellt bzw. sie in sich "Realität" werden läßt (daran glaubt -> Placebo-Effekt).

---

Schön langsam greift eine Erkenntnis in die andere. Das sich mit NLP in zehn Minuten sogar Phobien heilen lassen, wundert mich nicht. Was dabei sehr deutlich wird, ist wiederum der Unterschied von östlicher und westlicher Mentalität. Die "Ossis" lösen das Problem der Automatismen durch Aufmerksamkeit direkt an seiner Wurzel. Schalt' die Automatismen aus und schau hin, ist die Botschaft. Aber das Ausschalten der Automatismen ist ein äußerst langwieriger und anstrengender (obwohl ziemlich sicher viel lohnender) Weg. NLP geht da den Weg der Minimalisten. Wo liegt das Problem? Was soll anders sein/werden? Ziel- und problemorientiert greift NLP in die Automatismen ein und modifiziert sie nur soweit, das das Problem nicht mehr auftritt.

Ein netter Nebeneffekt von NLP: man wird sich endlich mal bewußt, wie stark wann und wo versucht wird zu manipulieren. Das Bewußtsein anlocken ist der erste und allerwichtigste Schritt. Erst wenn das Bewußtsein angelockt werden konnte, kann man sein "Cookie" reinlegen. Ein logisch-irritierender Satz in einer Werbung lockt mich z.B. leicht an. Wie meinen die denn das? Und schon sitzt man in ihrer Falle. Während man grübelt, werden subtil weiter Information eingeschleusst. Man sieht sich den Rest der Werbung an. Läßt es wirken. Grübelt. Automatismen greifen und hinterlegen heimlich die entsprechenden, positiven Objektbezüge im Gedächtnis. Da denkt man noch, man wäre unbeinflußbar von Etwas, doch gerade durch das darüber Nachdenken rutscht so nebenbei allerlei mit. Es wird uns mitaufgedrängt und es kostet viel Aufmerksamkeit es nur zu merken.

Was ist Hypnose?

Wenn das Bewußtsein seinen Fokus nach Innen verlagert und die Umwelt ausblendet, dann ist das ein hypnotischer Zustand. Grübeln, Tagträumen, Zusammenhängen nachspüren, Reflektieren - all das sind hypnotische Zustände und weit davon entfernt keine Kontrolle über die eigenen Gedanken zu haben.

Was der Hypnotiseur macht, ist, das er den Patienten anleitet, sich in einen bestimmten, hypnotischen Zustand zu versetzen, also praktisch einen bestimmten Tagtraum zu erleben. Mit Worten induziert er Bilder und regt aktiv zu bestimmten Gedanken an. Der Mensch denkt dann genauso frei darüber nach, so wie er sonst auch jeden Tag unzählige Male in ähnlichen Zuständen (ganz in Gedanken) weilt und denkt.

Um die inneren Fähigkeiten und Kräfte zu mobilisieren, braucht's denn Hypnotiseur nicht. Jeder Lernvorgang, jedes Konzentrieren auf ein geistiges Objekt ist Hypnose. Für ein Weilchen zieht sich der Geist von der Umwelt zurück, grübelt bis zum "Ah-ja-klar" und kommt dann wieder zurück. Je stärker sich der Geist dabei von der Umwelt abschotten kann, umso effektiver kann er dabei arbeiten.

Nie sollte man restlose Klarheit fordern.

Seit ich diesen Satz (siehe Titel) vor ein paar Tagen im Flüchtigen Blog gelesen habe, taucht er immer mal wieder in meinen Gedanken auf. Er ist ein wunderbares Beispiel wie sehr Ost und West in ihrem Denken verschieden sind.

Der westliche Geist interpretiert diesen Satz fälschlicherweise als Äquivalent von 'was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß'. Lieber unwissend bleiben. Der eigentliche, dem östlichen Denken entsprungene Sinn ist jedoch: fordere nicht restlose Klarheit, denn diese kann dir Dein Gegenüber nicht geben. Auch wenn Dein Gegenüber völlig ehrlich ist, kann es Dir höchstens seine relative Wahrheit, seine Hypothese über die Ursachen erklären und dabei bleibt nicht nur ein "Rest" Unklarheit, sondern diese Hypothese kann komplett falsch sein. Kennst Du alle Deine Konditionierungen? Alle Deine Projektionen? Das, was Dich über Jahrzehnte zu dem gemacht hat, was Du bist? Weisst Du wie Du denkst? Wie Du kategorisierst? Wie Du filterst?

Das jeder von uns in seiner eigenen Welt lebt, ist nicht nur eine Metapher, sondern eine (traurige) Tatsache. Wir glauben zwar, wir wären wie eine Art multimedialer Videorekorder, der alles objektiv erfasst und abspeichert, aber dem ist leider nicht so. Unsere Speicherkapazität ist zwar ungewöhnlich hoch, aber sie ist viel zu niedrig als das wir die Millionen von Bits an Sinneswahrnehmungen, die in jeder Sekunde auf uns einprasseln, abspeichern könnten. Alles, was wir im Kopf erzeugen und auch abspeichern können, ist eine sehr vereinfachte Version der Welt wie sie sich uns darbietet. Wie die geistigen Objekte erzeugt und kategorisiert werden, hängt rein vom subjektiven Bezugsrahmen (Erinnerungen, Glaubenssätze, Werte, Prioritäten etc. also den geisten Objekten) ab.

Das Bewußtsein fasst nur 7 (+/- 2) geistige Objekte. Egal wie komplex unsere Umgebung auch ist, nur max. 9 Objekte können wir konkret im Bewußtsein halten (gewahr sein) und erst wenn wir etwas gewahr sind, können wir es auch abspeichern bzw. geistige Operationen damit durchführen. Von den Millionen Bits an Sinnesinformationen dringt also nicht viel in unser Gewahrsein ein. Und das, was eindringt, ist auch nur eine Hypothese, ein sehr, sehr vereinfachtes und unbewußt interpretiertes Abbild, das unsere ganz eigene Perspektive widerspiegelt.

Alfred Korzybski beschreibt unseren Grundirrtum, also dieses interpretierte, schwache und hypothetische Abbild für die Wirklichkeit selbst zu halten, so:

Die Landkarte ist nicht das Gebiet.

Egal wie genau wir auch auf's Detail sehen, wir schauen immer auf die Karte und nie auf das Gebiet selbst. Unsere Gehirne sind schlicht nicht dafür konstruiert die Wirklichkeit selbst zu sehen. Wir brauchen diese automatischen Filter-, Abstrahierungs- und Kategorisierungsfunktionen, um der Informationsflut überhaupt Herr zu werden.

Die Landkarte besteht aus all den unzähligen, geistigen Objekten und ihren Kreuz- und Querverbindungen im Gedächtnis. Dabei sind diese geistigen Objekte nicht statisch, sondern können auch bewußt verändert werden. Was siehst Du, wenn Du an einen bestimmten Menschen denkst? Welche Erinnerungen kommen auf? Wie genau sind diese Erinnerungen? Versuche in Gedanken auf körperliche Details (z.B. die Augen) zu zoomen. Egal wie genau das Bild ist, in vielen Bereichen bleibt es vage bzw. es werden fehlende Teile einfach dazu interpretiert.

Bestellungen ans Universum, Konditionierung des Unterbewußtseins etc. pp. - eigentlich geht es stets darum, diese geistigen Objekte im Kopf zu modifizieren, damit sich im wahrsten Sinn des Wortes daraus eine "neue Welt" erhebt. Ein wirklich ausgewachsener Werkzeugkasten (und ein sehr stimmiges Erklärungsmodell) , um diese geistigen Objekte zu modifizieren, ist NLP. Die Methoden sind direkt, helfen innerhalb kürzester Zeit und sind leicht selbst anwendbar. Ein wenig googlen, lesen und experimentieren sollte überzeugen.

Mit Entzauberung hat das nichts zu tun. Ganz im Gegenteil. Eigentlich ist es pure Magie.

Freitag, 17. Juli 2009

Bodenhamer, Hall: The User's Manual For The Brain

Und weil der Tag noch nicht vorüber ist, tauche ich noch ein wenig in die Wunderwelt NLP (Neuro Linguistic Programming) ein. 'User Manual' trifft es wirklich auf den Punkt: Lesen, ausprobieren, funktioniert.

T. Braun: Kurzlehrbuch Physiologie

Die Hardware des Menschen fasziniert mich immer wieder. In jedem Detail steckt soviel Komplexität, das man nur Staunen kann, das das als Ganzes überhaupt funktioniert. Angesichts dieser Ingenieurleistung verblasst aller 'Tand aus Menschenhand'.

Weiters gelesen: Atlas of morphology and functional anatomy of the brain (Springer / 2006)

Uff. Eigentlich müssen wir heilfroh sein, das unser Schädel nicht durchsichtig ist. Anblick ist das im Detail wirklich kein schöner.

Saccadic masking: Das Aha-Erlebnis des Tages verdanke ich dem 'Saccadic masking'-Effekt, der bewirkt, das während schneller Augenbewegungen die visuelle Wahrnehmung abgeschaltet wird. Musterbeispiel: in einem Spiegel kann man die eigenen Augen nicht in Bewegung sehen. Sie erscheinen immer bewegungslos und starr, egal wie oft man hin und wieder weg sieht. Irgendwie unheimlich. Obwohl Sehen als kontinuierlicher Prozess wahrgenommen wird, ist er eigentlich sprunghaft. Auch wenn das Auge nicht neu fokussiert, dauert es stets einen kurzen Moment bis man nach einer Augenbewegung etwas wahrnimmt.

Donnerstag, 16. Juli 2009

Jon Kabat-Zinn

Auf der Suche nach Literatur über die klinische Anwendung von Meditation bin ich auf die Bücher von Jon Kabat-Zinn gestoßen, dem Gründer einer Streßklinik in den USA. Trotz der dämlichen Titel sind "Gesund durch Meditation" und "Im Alltag Ruhe finden" zwei kleine Perlen. Es klickt weiter und weiter in meinem Kopf. Immer öfter gleichen Textpassagen eigenen Gedankengängen der letzten Tage oder Wochen.

Die Natur der Wirklichkeit.

Raum und Materie sind ein untrennbares, ständig im Fluß befindliches Kontinuum, das überall existiert, und in dem Partikel als Verdichtungen dieses Flußes in Erscheinung treten.

Was sich wie mystischer Unsinn liest, ist das Weltbild der modernen Physik, also das, was sich mit unseren heutigen Werkzeugen experimentell überprüfen läßt.

Dienstag, 14. Juli 2009

Wolf Singer: der Beobachter im Gehirn

Singer's Essays zeichnen ein klares Bild der modernen Hirnforschung (Stand: 2002). Es wird immer deutlicher, das sich unser intuitives Konstrukt der Trennung von Geist und Materie nicht halten läßt.

Wie paßt das mit der Innensicht zusammen? Die Erlebnisberichte von Meditierenden aller Zeitalter und Traditionen weisen zuviele identische Merkmale auf, um als "Träumereien" abgetan zu werden. Was ist dieser Geist, der sich in allem erkennt und der ewig und bewußt ist? Der faktisch die treibende Kraft hinter jeglicher Art von Evolution (biologisch/kulturell) ist?

Wo ist Platz für das Karma? Wenn ich mich als autonomer Agent in einem evolutionären Prozeß wahrnehme, ist klar, das mein gesamtes Tun diesen Prozess beeinflußt. Evolution hat sich längst von seinen langsamablaufenden, biologischen Mechanismen losgelöst und hat sich der Macht des Geistes angeschlossen.

Wer wirklich verantwortungsvoll handeln will, setzt nicht zehn Kinder in die Welt, um die er sich angesichts heutiger Umstände wahrscheinlich gar nicht entsprechend kümmern kann, sondern er denkt, kommuniziert und lebt die Werte, die ihm wichtig sind und inspiriert damit andere.

Sind die Prinzipien des Karma doch nur eine Erziehungsmaßnahme, die die Unwissenden, die sich noch nicht selbst als "der große Geist" erlebt haben, zu altruistischen Verhalten anspornen soll?

---

Das im Titel erwähnte Buch von Wolf Singer ist übrigens ein richtiger Augenöffner in vielerlei Hinsicht. Uneingeschränkt empfehlenswert.

Freitag, 10. Juli 2009

Wo ist der Geher, wenn er nicht geht?

Wir sind so vernarrt in unsere Sprache, das wir gar nicht erkennen, auf welch wackeligen Beinen sie steht. Geher und Gehen bedingen sich. Trennt man Substanz von Merkmal löst sich beides in Nichts auf.

Trifft Ich auf Du, entsteht von Zauberhand ein Wir (ganz ohne Sex!)
Der Tisch findet sich nicht in seinen einzelnen Teilen.

So wenig wie es Geher, Gehen, Begangenes als solche geben kann, so wenig gibt es Seher, Sehen und Sichtbares als solche.

Wir etikettieren die Wirklichkeit. Wir zerteilen sie in statische, künstliche Begrifflichkeiten mit willkürlich gezogenen Grenzen. Wann wird Ursache zur Wirkung? Wo und wann passiert der magische Sprung?

Hirnforschung und Meditation. Ein Dialog.

Wolf Singer, ein Hirnforscher, im Dialog mit Matthieu Ricard, einem ehemaligen Molekularbiologen, der zum buddhistischen Mönch wurde.

Link zu Details

Nach den alten Texten der letzten Zeit war ein sachlichnüchterner, moderner Text längst überfällig. Was sagt die Hirnforschung zum Phaenomen Meditation (also die Außenperspektive) und wie sieht es der moderne Buddhist? Wenn man sich unter einem Dialog oberflächliches Geplauder vorstellt, so wird man "enttäuscht". Obwohl nur 134 Seiten kurz, so ist dieses kleine Büchlein doch vollgepackt mit ausgesprochen interessanten Einsichten und Perspektiven. Aufgemacht und bis zum Schluß nicht mehr zugeklappt. Allemal ein Lesetipp!

-

Ich muß mir immer und immer wieder vor Augen führen, das es kein Ich, als zentrale materielle Instanz, in meinem Gehirn gibt. Das, was sich als Eins anfühlt, ist biologisch betrachtet eine Art magisches Gruppenbewußtsein, das vielfach parallel und meist nur lose gekoppelt (nicht synchron) arbeitet. Engere Kopplung von Arealen untereinander (Gamma-Wellen) entsteht durch Aufmerksamkeitslenkung.

Es ist als würde sich ein Handschuh dagegen wehren, angezogen zu werden.

Wie lernt man lieben? In dem man liebt. Wie lernt man Freundlichkeit? Über Freundlichkeit. Wie lernt man Güte? Durch Güte. Wer das Glück hat, in einem entsprechenden Umfeld zu leben, also im Umfeld von Menschen, die diese Qualitäten entwickelt haben, lernt intuitiv. "The rest of us" hat ein Problem, denn wir lernen immer intuitiv von unserer Umgebung. Nur weil alle rundum die Ellbogen einzusetzen scheinen, rechtfertigt das nicht, es ihnen gleich zu tun. Wenn man die positiven Qualitäten nicht intuitiv (durch spiegeln) lernen kann, kann man sie trotzdem kultivieren.

Donnerstag, 9. Juli 2009

Raja Yoga / II.

Und noch zwei kurze Auszüge:

Wenn zum Beispiel jemand zu euch sagt: „Du Esel!“, dann hat dies in der Wirklichkeit keine Korrelation. Ihr habt deswegen weder längere Ohren noch ein graues Fell. Ihr könntet jetzt darüber stehen und einfach denken, derjenige, der das sagt, hat seinerseits ein irriges Verständnis. Aber trotzdem beeinflußt es einen irgendwie. Oder wenn einem jemand sagt: „Das ist nicht richtig gemacht“, dann reagieren wir unsererseits nicht nur mit der neutralen Feststellung: „Aha, der hat gesagt, das ist nicht richtig gemacht“ – denn seine Aussage kann ja entweder korrektes oder irriges Wissen widerspiegeln. Für uns ist es gleichzeitig noch etwas anderes, nämlich Lob oder Tadel. Man ärgert sich darüber oder fühlt sich in Frage gestellt, getadelt – nicht unbedingt in jeder Situation, aber ab und zu passiert es einem schon. Das ist Vikalpah. Wir identifizieren uns mit den Worten. Wir nehmen nicht nur die Worte als solche und überprüfen den Wahrheitsgehalt, sondern wir identifizieren uns mit der Aussage, wir beziehen die Worte auf uns selbst, denn das Ego hat den Wunsch nach Bestätigung.

[...]

Shanmug, ein langjähriger Yogalehrer, der hier als Gastreferent gelegentlich Seminare gibt, bringt immer einige Elemente aus der Psychologie in seine 20jährige Yogalehrerpraxis ein. Letztes Mal, als er hier war, sprach er darüber, daß es nach den Erkenntnissen der modernen Psychologie einige wenige sinnlose Grundüberzeugungen sind, die viele Menschen unglücklich machen. Eine dieser Grundüberzeugungen ist: „Ich muß alles richtig machen, ich muß vollkommen sein, sonst ist alles schlecht“. Das ist dieser Perfektionismus. Aber kann man wirklich vollkommen sein? Man kann nur vollkommen sein, wenn man seine Ansprüche sehr niedrig ansetzt und nur wenig tut. Dann ist man darin vollkommen. Wenn wir unsere Ansprüche hoch setzen und viel machen wollen, können wir nie vollkommen sein. Unser Ziel ist die Selbstverwirklichung. Bis dahin gibt es unglaublich viel zu tun. Es ist also besser, eher viel zu tun und das weniger perfekt. Das macht auch demütig.

Gerade fällt mir auf wie banal und egozentrisch das Wort Selbstverwirklichung heute verwendet wird. Heute nennt es sich schon Selbstverwirklichung, wenn man nur sein Leben halbwegs eigenständig gestaltet. Die Werbung spricht von Selbstverwirklichung in diesem und jenem - es ist einfach nur verrückt, wenn man an die Ursprungsbedeutung denkt, die weit jenseits von Egozentrik liegt.

Raja Yoga.

Heute mal ein wenig Yoga-Literatur.

Ein anderes Beispiel ist die Geschichte von der Frau, die einen wertvollen Ring von ihrem Mann geschenkt bekommt, den sie sich schon lange gewünscht hat und der ihr immer besonders gut gefallen hat. Warum ist die Frau in dem Moment glücklich, wo sie das Geschenk auspackt und den Ring sieht? Nicht wegen des Rings an sich – sonst bräuchte sie künftig nur noch den Ring zu tragen und ihn anzuschauen, um immer glücklich zu sein. Auch nicht, weil der Mann, an sie gedacht hat („Er liebt mich doch...!“), denn sonst bräuchte sie ja nur immer mit ihm zusammenzusein. Natürlich ist sie auch darüber glücklich, denn es nimmt ihre Ängste und befriedigt ihr Bedürfnis nach Liebe. Aber das allein ist es nicht. In Wirklichkeit ist sie glücklich, weil ihr Wunsch erfüllt ist. Und weil ein großer Wunsch erfüllt ist, sind im Moment keine anderen Wünsche da und sie kommt zur Ruhe. Die anderen Vrittis kommen weitgehend zum Stillstand, so daß die Freude des wahren Selbst durchscheinen kann. Weil wenig Gedanken da sind, strahlt das Glück des Selbst heraus.

[...]

Viele Menschen benutzen ihr logisches Denken nicht, um tatsächlich zu Schlüssen zu kommen, sondern um ihre emotional bedingten Haltungen und Einstellungen zu rechtfertigen. Ein typisches Beispiel sind hypnotische Experimente. Jemand führt eine Handlung aus, die ihm unter Hypnose suggeriert wurde und findet dann im Nachhinein eine logische, rationale Erklärung dafür, warum er das tut. Unser Geist ist oft nicht wirklich rational. Wir benutzen unser logisches Nachdenken selten dazu, wirklich die Wahrheit über die Dinge herauszufinden, sondern eher, um etwas irgendwie rational erscheinen zu lassen, das eigentlich nicht rational ist.

aus: Kommentar von Sukadev Volker Bretz zu den Raja Yoga Sutras von Patanjali

Der Rest ist natürlich auch lesenswert.

Mittwoch, 8. Juli 2009

Kreativität.

Link: Kreativität ist ein Bewußtseinszustand

... und wieder einmal hat etwas klick gemacht.

Das sich das Frequenzspektrum vom trögen Weinglas zum symbolischen Männchen beim 'Awakened Mind' verwandelt, empfinde ich dann aber doch als ein bischen zuviel des Guten. Hallo mein Freund, hier winkt ein Scheunentor. Da besoffen, dort wach. Die Flowmomente, die kreativen Funken, wenn alles mühelos sich löst - da blinzelt der Schlitzäugige in mir.

Mein Affe tobt mal wieder wie verrückt quer durch alle möglichen Themen. Das Ziel ist zwar nun klar, doch tausende Wege führen nach Rom und warum gerade einen holprigen Weg voller Umwege gehen, wenn es sich auch vermeiden läßt? Der ehrgeizige Minimalist sein seltsames Spiel.

Eigenheit.

Eins kann der Mensch am allerwenigsten leiden: keine Antwort.

Dienstag, 7. Juli 2009

Globalisierung

Globalisierung heißt: die Vorbeben des Wachstumshorizont zu spüren.

Fluchttendenzen.

Wie beschissen ängstlich und durchtrieben dieses Ego doch ist. Kaum bietet sich ihm die Gelegenheit, taucht es lieber in andere Wissensgebiete wie den verschiedensten Neuro-Wissenschaften ab. Ach komm, Du, das andere hat doch noch Zeit, raunt es. Hatten wir denn nicht auch schöne Zeiten? Im Grunde ist doch die Gesamtsituation nicht schlecht. Lass uns doch noch ein wenig rumschweifen.

Ruhe und Gelassenheit verführen den Wächter zur Unachtsamkeit. Momentan scheinen viele unterbrochene Handlungsfäden - meine Beschäftigung mit neuer Physik, mit Psychologie und Psychotherapie, mit Philosophie und Biologie - in einen einzelnen Handlungsstrang einzumünden. Der Stand der Neurowissenschaften gehört definitiv mal durchleuchtet, doch nebenbei, nicht im Vollfokus.

Wachsam bleiben.

Montag, 6. Juli 2009

Nachtgedanken / A.

Kraft ihres Amtes als letztgültige Erkenntnis des westlichen Denkens erklärt die Evolutionstheorie jeden Anwesenden zum Sieger.

Etwaige Unterschiede in der Behandlung und Entlohnung sind ausschließlich auf den entsprechenden Teilnehmer und dessen Wahrscheinlichkeitskonstituierung zurückzuführen und können dem Amt für Gerechtigkeitsangelegenheiten nicht in Rechnung gestellt werden.

Danke und gute Nacht.

P.S.: Information, in Formation bringen, Kommunikationskanal, Angleichung von Realitäten

Sprache.

Sprache ist das magische Ritual Scheinwirklichkeiten in Köpfe zu projizieren.

Issa ben Jussuf und der Chiastos.

Der etwas andere Blick auf Blick auf Gott und die Religion ...

Rüttelt man nur ein wenig an eingefahrenen Denkmustern (und Texte wie der obige tun dies), bleibt nur Staunen. Mögen manche Ideen auch etwas versponnen sein, in ihrer Gesamtheit finde ich unzählig neue, erfrischende Perspektiven.

Der Chiastos ist eine Transformationstechnik. Der Mensch, der ihn durchgeführt hat, ist nicht mehr derselbe, der er vorher war.

[...]

Im vorauseilenden Gehorsam das Plansoll übererfüllend arbeiteten von nun an tausende und abertausende von Mönchen und Gelehrten in den Klöstern daran, möglichst subtil und unmerkbar das Tor zum Chiastos wieder zu verschließen, zu überkleistern und zu überkleben, mit Heiligenlegenden, Moralinaufgüssen, und Katechismen. Der Chiastos wurde zum Chrestos, zum Gesalbten. Dem hatte man aber sein Fett gegeben. Und es blieb noch genügend Pomade übrig, um sie allen kommenden Generationen der Menschheit ins Auge und ins Gehirn zu schmieren.

Erfrischend bösartig.

Sein oder Nicht-Sein.

Einer der grundlegendsten Logiksätze des westlichen Denkens ist der Satz vom ausgeschlossenen Dritten: etwas ist oder es ist nicht. Jeder Begriff, jede Kategorie - schlußendlich stützt sich unser gesamtes Denken auf diesen einen Satz, auf die Fiktion von Sein und Nicht-Sein, auf dualistisches Denken.

Die Realität - ständiges Werden. Nirgendwo läßt sich ein Sein entdecken. Panda rei / alles fließt, sagt Heraklit. Die Phaenomene entstehen und sie vergehen wieder. Nichts hat Bestand, nichts entsteht aus sich selbst. Begriffe ziehen künstliche Grenzen, wo keine Grenzen sind. Unterscheidung zerschneidet die Wirklichkeit in fiktive Teile. Das geistige Spiel mit diesen Teilen ist nur ein semantisches Schattenspiel ohne Bezug zur Realität.

Im Bereich des Werdens gibt es keinen Satz von der Identität, vom Widerspruch, und vom ausgeschlossenen Dritten.

[...]

Wenn uns unsere Sprachstruktur, die Grammatik, mit ihrer alles dominierenden Form von "Subjekt-Prädikat-Objekt" suggeriert, daß da immer ein "seiendes" Subjekt sein muß, das an einem "seienden" Objekt etwas "tut", dann kann man irgendwann einmal nicht mehr den Gedanken fassen, daß es auch anders sein könnte.

[...]

Wir Menschen bilden eine Kristallisationsfläche, an der sich das Bewußte reflektiert. Wir sind die Subjektivität der Reflexion des Universums. Aber durch diese Subjektivität in keiner Weise bevorzugt oder ausgenommen, abgelöst, oder speziell. In dem Augenblick, in dem wir unsere Einheit mit dem Universum erfahren, erfüllt uns die unendliche Klarheit der Erkenntnis, die jenseits des Denkens liegt, die Prajnaparamita. Dafür gibt es keine Worte mehr, und wir sagen nur noch: Aha!

Plato war nicht konsequent genug. Er enttarnte zwar einen Teil der Wirklichkeit als Lug und Trug, aber er ließ seine "Ideen" bestehen. Dabei sind die doch am allerwenigsten real.

Das Sprach/Denksystem ist ein autonomer Prozess, der in unseren Gehirnen abläuft, von dem wir uns hypnotisieren lassen. Wir können aber diesen Prozess in seiner Automatik einfach weiterlaufen lassen, und unsere Aufmerksamkeit von dem Automatismus abwenden. Gelingt uns das, so sind wir in Nirvana eingetreten.

Der Rauswurf aus dem Paradies war das Resultat der Erkenntnis von Gut und Böse. Vor der Existenz begrifflicher Unterscheidung war bzw. ist alles paletti - sagt der schlitzäugige Dicke.

Das Visuddhi-Magga ("Der Weg zur Reinheit") liest sich zwar ausgesprochen schwer, doch die zu findenden Kuriositäten sind es allemal wert. Nun weiß ich unter anderem endlich wie man gezielt über's Wasser wandelt. Es fehlen zwar wahrscheinlich noch ein paar Lebenszyklen des Übens, aber der Trick ist zumindest durchschaut. Kochen doch auch nur mit Wasser, die Kerle.

ein bischen Literatur (Quelle der Zitate) ...

Donnerstag, 2. Juli 2009

Alternativprogramm / III.

Ich versuche mich rational an den mittleren Weg, den Weg des Erwachens, heranzutasten. Wenn es einem gelingt, in Meditation jegliches Unterscheiden aufzugeben, scheint man irgendwann wie aus einem Traum aufzuwachen.

Beim Lesen des Lankavatara-Sutra schwirrt mir der Kopf. Der Zustand nichtdualer Wahrnehmung - also Wahrnehmung ohne jeglicher Unterscheidung - läßt sich nicht in Worte fassen. Jedes Wort ist ja schlußendlich eine Unterscheidung. 'Sein' läßt sich nur in Kombination mit 'Nichtsein' denken. Ein Nachher braucht das Vorher. In welchen, sonderbaren Zustand gerät der Geist ohne Unterscheidung? Eins ist klar: alle großen Mystiker, Heilige und Propheten scheinen den Sprung in dieses "Erwachen" vollzogen zu haben. Die Texte weisen eine zu hohe Ähnlichkeit auf.

Der Kopf schwirrt. Nun wundert es mich nicht mehr, das sich aus diesem Sutra Zen entwickelt hat. Dieser Text ist ja praktisch schon eine Aneinanderreihung von dem, was später in der Zen-Praxis als Koans "erfunden" wird. Koans sind grob gesagt Fragen, die sich aus dualem Denken ergeben, und nicht-duale Antworten ("weder Sein noch Nicht-Sein", "sowohl Sein als auch Nicht-Sein") dazu. Für den gewöhnlichen Denkprozess liegt ein Paradox vor. Zwar "löst sich" das Paradox stets nach dem selben Muster, doch fehlt dem gewöhnlichen Denkprozess die Einsicht, das es wirklich so ist. Erst in der Sicht der Soheit, im Erwachen, lösen sich diese Paradoxa wirklich auf.

Dann werd' ich halt später mal Mystiker. Ist ja auch okay. Wie schrieb Lama Gendün Rinpoche?

"Ich habe keine Lebensgeschichte. Ich habe nur Tee getrunken und Tsampa gegessen".

Ein wunderbarer Satz.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Alternativprogramm / II.

Damit die verregneten Tage nicht nutzlos verstreichen und da das Amazon-Päckchen erst gestern Mittag geliefert wurde, habe ich in der Zwischenzeit noch "Das Tibetische Buch vom Leben und vom Sterben" von Sogyal Rinpoche (eine zeitgemäße Auslegung des tibetischen Totenbuchs) und "Der kostbare Schmuck der Befreiung" von Gampopa, eine systematische Übersicht de tibetischen Buddhismus aus dem 12. Jahrhundert, gelesen.

Eigentlich sollte es für jeden Pflicht sein mindestens einmal im Leben ein Buch wie "Das Tibetische Buch vom Leben und Sterben" zu lesen und darüber nachzudenken. Es erschüttert in vielerlei Hinsicht, gibt jedoch auch Hoffnung, doch vor allem ist es eins: ein wunderbarer Ratgeber wie man leben sollte und wie man dem Sterben (dem eigenen und dem von anderen) menschlich begegnet.

"Der kostbare Schmuck der Befreiung" ist das älteste Lehrwerk des tibetischen Buddhismus, das den Stufenweg zur Erleuchtung (Mahayana / das große Fahrzeug) systematisch und umfassend beschreibt (so der Klappentext). Nun: umfassend ist natürlich relativ, aber für nur knapp 250 Seiten ist erstaunlich viel Theorie wie auch Praxis enthalten. Besonders interessant fand ich die Ausführungen bezüglich des Karma, der verschiedenen Höllenbereichen und welche Vergehen zu welchen Widergeburten führen. Lügen und Geschwätzigkeit führen z.B. in ihren schlimmsten Auswirkungen zu einer Widergeburt im Tierreich. Der, den es trifft, wird die sprichwörtliche "dumme Sau", die er schon im Leben war.

Aus den Prinzipien des Karma und dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten in den unterschiedlichsten Bereichen erwächst auf ganz natürliche Art und Weise Ethik, die ganz ohne Imperativen ('Du sollst ...') auskommt. Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg' auch keinem anderen zu - denn es wird Dir sonst in diesem oder in einem Deiner weiteren Leben selbst zugefügt werden.

Es braucht keinen Gott, der - gnädig oder strafend - richtet und auf dessen Erbarmen man hoffen kann. Genauso wenig läßt sich auf Erlösung durch Nichtexistenz hoffen. Es gibt keine einfache Möglichkeit zur Flucht. Erlösung muß wirklich verdient werden. Jegliches empfundene Leid ist schlußendlich nur natürliche Gerechtigkeit, ein Bußetun, auch wenn sich uns die Ursachen und Gründe nicht erschließen, weil sie zu weit in der Vergangenheit liegen.

Je mehr ich lese, umso stärker wird der Wunsch in mir, einen spirituellen Weg einzuschlagen. Wenn die Wahrheit wirklich erfahrbar ist (wie die buddhistischen Lehren sagen) - welcher Weg in die Zukunft sollte dann wichtiger sein? Frustieren mich schon die sich wiederholenden großen und kleinen Dramen in diesem einen Leben, wie frustierend ist dann der Gedanke an unzählige zu durchleidenden Menschenleben (wobei die Wiedergeburt als Mensch schon als Glück angesehen werden kann)?