Mittwoch, 1. Juli 2009

Alternativprogramm / II.

Damit die verregneten Tage nicht nutzlos verstreichen und da das Amazon-Päckchen erst gestern Mittag geliefert wurde, habe ich in der Zwischenzeit noch "Das Tibetische Buch vom Leben und vom Sterben" von Sogyal Rinpoche (eine zeitgemäße Auslegung des tibetischen Totenbuchs) und "Der kostbare Schmuck der Befreiung" von Gampopa, eine systematische Übersicht de tibetischen Buddhismus aus dem 12. Jahrhundert, gelesen.

Eigentlich sollte es für jeden Pflicht sein mindestens einmal im Leben ein Buch wie "Das Tibetische Buch vom Leben und Sterben" zu lesen und darüber nachzudenken. Es erschüttert in vielerlei Hinsicht, gibt jedoch auch Hoffnung, doch vor allem ist es eins: ein wunderbarer Ratgeber wie man leben sollte und wie man dem Sterben (dem eigenen und dem von anderen) menschlich begegnet.

"Der kostbare Schmuck der Befreiung" ist das älteste Lehrwerk des tibetischen Buddhismus, das den Stufenweg zur Erleuchtung (Mahayana / das große Fahrzeug) systematisch und umfassend beschreibt (so der Klappentext). Nun: umfassend ist natürlich relativ, aber für nur knapp 250 Seiten ist erstaunlich viel Theorie wie auch Praxis enthalten. Besonders interessant fand ich die Ausführungen bezüglich des Karma, der verschiedenen Höllenbereichen und welche Vergehen zu welchen Widergeburten führen. Lügen und Geschwätzigkeit führen z.B. in ihren schlimmsten Auswirkungen zu einer Widergeburt im Tierreich. Der, den es trifft, wird die sprichwörtliche "dumme Sau", die er schon im Leben war.

Aus den Prinzipien des Karma und dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten in den unterschiedlichsten Bereichen erwächst auf ganz natürliche Art und Weise Ethik, die ganz ohne Imperativen ('Du sollst ...') auskommt. Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg' auch keinem anderen zu - denn es wird Dir sonst in diesem oder in einem Deiner weiteren Leben selbst zugefügt werden.

Es braucht keinen Gott, der - gnädig oder strafend - richtet und auf dessen Erbarmen man hoffen kann. Genauso wenig läßt sich auf Erlösung durch Nichtexistenz hoffen. Es gibt keine einfache Möglichkeit zur Flucht. Erlösung muß wirklich verdient werden. Jegliches empfundene Leid ist schlußendlich nur natürliche Gerechtigkeit, ein Bußetun, auch wenn sich uns die Ursachen und Gründe nicht erschließen, weil sie zu weit in der Vergangenheit liegen.

Je mehr ich lese, umso stärker wird der Wunsch in mir, einen spirituellen Weg einzuschlagen. Wenn die Wahrheit wirklich erfahrbar ist (wie die buddhistischen Lehren sagen) - welcher Weg in die Zukunft sollte dann wichtiger sein? Frustieren mich schon die sich wiederholenden großen und kleinen Dramen in diesem einen Leben, wie frustierend ist dann der Gedanke an unzählige zu durchleidenden Menschenleben (wobei die Wiedergeburt als Mensch schon als Glück angesehen werden kann)?

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