Donnerstag, 2. Juli 2009

Alternativprogramm / III.

Ich versuche mich rational an den mittleren Weg, den Weg des Erwachens, heranzutasten. Wenn es einem gelingt, in Meditation jegliches Unterscheiden aufzugeben, scheint man irgendwann wie aus einem Traum aufzuwachen.

Beim Lesen des Lankavatara-Sutra schwirrt mir der Kopf. Der Zustand nichtdualer Wahrnehmung - also Wahrnehmung ohne jeglicher Unterscheidung - läßt sich nicht in Worte fassen. Jedes Wort ist ja schlußendlich eine Unterscheidung. 'Sein' läßt sich nur in Kombination mit 'Nichtsein' denken. Ein Nachher braucht das Vorher. In welchen, sonderbaren Zustand gerät der Geist ohne Unterscheidung? Eins ist klar: alle großen Mystiker, Heilige und Propheten scheinen den Sprung in dieses "Erwachen" vollzogen zu haben. Die Texte weisen eine zu hohe Ähnlichkeit auf.

Der Kopf schwirrt. Nun wundert es mich nicht mehr, das sich aus diesem Sutra Zen entwickelt hat. Dieser Text ist ja praktisch schon eine Aneinanderreihung von dem, was später in der Zen-Praxis als Koans "erfunden" wird. Koans sind grob gesagt Fragen, die sich aus dualem Denken ergeben, und nicht-duale Antworten ("weder Sein noch Nicht-Sein", "sowohl Sein als auch Nicht-Sein") dazu. Für den gewöhnlichen Denkprozess liegt ein Paradox vor. Zwar "löst sich" das Paradox stets nach dem selben Muster, doch fehlt dem gewöhnlichen Denkprozess die Einsicht, das es wirklich so ist. Erst in der Sicht der Soheit, im Erwachen, lösen sich diese Paradoxa wirklich auf.

Dann werd' ich halt später mal Mystiker. Ist ja auch okay. Wie schrieb Lama Gendün Rinpoche?

"Ich habe keine Lebensgeschichte. Ich habe nur Tee getrunken und Tsampa gegessen".

Ein wunderbarer Satz.

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