Sonntag, 31. Mai 2009

Random Thoughts.

Genuß ist schlußendlich völlig subjektiv. Die geringsten Dinge können den edelsten Genuß bergen, wenn man leise genug ist, um ihn zu entdecken.

Samstag, 30. Mai 2009

Resümieren.

Du bist in diesem Jahr viel menschlicher geworden, sagt sie. Stunden später hallt dieser Satz noch immer nach. Wer war ich vor einem Jahr? Wer bin ich heute? Was habe ich in dieser Zeit gelernt?

Meiner Selbstwahrnehmung fehlt Kontinuierlichkeit. Mal bin ich so, dann so, dann wieder anders. Wenig ist konstant, außer das ich ständig irgendwie auf der Suche bin. Wissen jeglicher Art zieht mich magisch an. Den Dingen auf den Grund gehen. Im letzten Jahr konnte ich genau das ausleben. Rausfinden, "was die Welt im Innersten zusammenhält". Die neuste Physik ist faszinierend. Langsam bin ich mathematisch fit genug, um die Theorien zu verstehen. Wenn Gott und unsere Seele irgendwo wohnt, dann dort im Winzigsten, wo eine seltsame Art von Chaos regiert.

Nach dem Ausflug in die Physik und einem kurzen Freshup im eigenen Fachgebiet ging es weiter wiedermal zurück zu Zen, dann zu existentieller Psychotherapie, griechischer Mythologie, zurück zu Fred, Jung, Frankl, Miller, Satre und Camus. Nietzsche und Dostojewski liegen am Nachtisch. Es ist eigenartig diese Texte nach so langer Zeit wieder zu lesen. Vieles sehe und verstehe ich heute anders, breiter und tiefer. Obwohl der Mensch an seinen freien Willen glaubt, funktioniert er doch nach mehr oder weniger starren Regeln (solange er sich dieser Regeln nicht bewußt ist).

In ein paar Tagen geht es los. Die Unsicherheit, ob ich die Reise überhaupt unternehmen soll, wird größer. Macht das denn irgendwie einen Sinn? Gerade fühle ich mich doch ausgesprochen wohl in meiner Haut. Geschichte und Biologie könnte ich mir auch mal wieder näher ansehen. Ein zweites Studium oder eine fachfremde Doktorarbeit ist ja durchaus auch eine Zukunftsoption.

Ich weiß: die Reise wird mir gut tun. Während dieser Wochen kann ich weder der Welt noch mir selbst ausweichen. Ich muß aus diesem Schwebezustand, aus dieser Richtungslosigkeit, raus.

Donnerstag, 28. Mai 2009

Fjodor M. Dostojewski: Aufzeichnungen aus dem Kellerloch

Er spräche "wie nach dem Buch", wirft Lisa dem Protagonisten vor - und genauso liest sich das Buch als Ganzes: wie aus einem Psychotherapie-Lehrbuch entsprungen (was natürlich schon rein geschichtlich nicht möglich ist). Die unzureichende Sozialisierung als Waise, der ungebrochene Glaube an die eigene Grandiosität, die Verweigerung zu leben als Überlebensstrategie ... manche Sätze treffen - trotz ihrer Überzeichnung - genau ins Herz. Das Nochmallesen nach zwanzig Jahren hat sich gelohnt.

Mittwoch, 20. Mai 2009

WWW der Alpen.

Wild, Wald, Weiber.

Dienstag, 19. Mai 2009

Twoface.

Die Neugier treibt uns zu einander, die Neugier treibt uns von einander weg.

Du sollst.

Die Tage fühlen sich mühsam an. Kaum etwas interessiert. Die Gedanken tümpeln oberflächlich. Ich lebe nicht, ich warte.

Bald ist ein Jahr vorüber. Das Fehlen von Zukunftsplänen macht mich unruhig. Irgendetwas muß ich ja tun, für irgendwas muß ich doch genug Leidenschaft aufbringen können, um noch ein paar Jahre Tag für Tag daran zu arbeiten.

Über Glauben.

Ihr hattet euch noch nicht gesucht: da fandet ihr mich. So tun alle Gläubigen; darum ist es so wenig mit allem Glauben.

Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra


Glaube, der nicht auf Selbsterkenntnis fußt, ist Heuchelei.

Montag, 18. Mai 2009

Momentaufnahme.

Sie rächt sich mit intimen Details. Ich will nichts darüber wissen, will nicht daran denken, doch der Boden ist noch fruchtbar. Sie pflanzt Phantasien in meinen Bauch und für einen kurzen Moment bin ich gewillt nachzugeben. Sie reizt den Wolf und er knurrt.

Was für ein Biest.

Eitelkeit.

Werk- und Spielzeuge sind Sinn und Geist: hinter ihnen liegt noch das Selbst. Das Selbst sucht auch mit den Augen der Sinne, es horcht auch mit den Ohren des Geistes. Immer horcht das Selbst und sucht: es vergleicht, bezwingt, erobert, zerstört. Es herrscht und ist auch des Ichs Beherrscher.

(...)

Es ist mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner besten Weisheit.

(...)

Das Selbst sagt zum Ich: "Hier fühle Schmerz!" Und da leidet es und denkt nach, wie es nicht mehr leide - und dazu eben soll es denken.
Das Selbst sagt zum Ich: "Hier fühle Lust!" Da freut es sich und denkt nach, wie es noch oft sich freue - und dazu eben soll es denken.

- aus: Friedrich Nietzsche / Also sprach Zarathustra


Wie eitel das Ich ist. Es begreift sich als Krone und ist doch nur der Hammer. Seine Eitelkeit läßt uns Eden nicht wahrnehmen.

Sonntag, 17. Mai 2009

Schach.

Tao-hsin sprach zu seinen Schüler "Mein Leben ist wie ein Schachspiel, der Gegner ist gut. Jeden meiner Züge scheint er zu kennen, immer ist er mir einen Schritt voraus. Je besser ich werde, je mehr ich kämpfe, über das Spiel lerne: Der Gegner wird auch immer besser. Und auf einmal erkannte ich: Ich spiele gegen mich selber. Mit dieser Erkenntnis konnte ich nicht besser spielen, aber freier."

Tao-hsin sagte auch "Der Weg zur Erkenntnis ist lang, sie selber ist kurz, erfrischend und irreversibel."

Freitag, 15. Mai 2009

Koan.

Mein Lieblingskoan zur Zeit geht so:

Ein Mann fragte Tao-hsin beim Essen "Was ist die Wahrheit hinter allem." Daraufhin Tao-hsin "Nicht die Küche."

Einfach genial wie sich hier tiefstes Verständnis hinter müdem Sarkasmus versteckt.

Ich habe meine Meditationspraxis wieder aufgenommen. Das Reisen fällt ausgesprochen leicht.

Donnerstag, 14. Mai 2009

Die Pforten der Wahrnehmung

Wir leben miteinander, wir beeinflussen uns gegenseitig und reagieren aufeinander; aber immer und unter allen Umständen sind wir einsam. Die Märtyrer schreiten Hand in Hand in die Arena; gekreuzigt werden sie allein. In ihren Umarmungen versuchen Liebende verzweifelt, ihre jeweilige Ekstase in einer gemeinsamen Transzendenz zu vereinigen – jedoch vergebens. Die Natur verurteilt jeden Geist, der in einem Körper lebt, dazu, Leid und Freud in Einsamkeit zu erdulden und zu genießen. Empfindungen, Gefühle, Einsichten, Einbildungen – sie alle sind etwas Privates und nur durch Symbole und aus zweiter Hand mitteilbar. Wir können Berichte über Erfahrungen austauschen und sammeln, niemals aber die Erfahrungen selbst.

Von der Familie bis zur Nation – jede Gruppe von Menschen stellt eine Inselwelt dar, wobei jede Insel ein Weltall für sich bildet.

Die meisten Inseln haben soviel Ähnlichkeit miteinander, dass Verständnis oder sogar wechselseitige Einfühlung möglich wird. So können wir, indem wir uns unserer eigenen schmerzlichen Verluste und Schicksalsschläge erinnern, mit anderen Menschen in gleichen Umständen fühlen, können uns (natürlich immer in einem ein wenig pickwickischen Sinn) an ihre Stelle versetzen. Aber in bestimmten Fällen ist diese Möglichkeit der Kommunikation zwischen einem Universum und dem anderen unvollständig oder gar nicht vorhanden.

Der Geist ist sein eigener Ort, und die von Geisteskranken und aussergewöhnlich Begabten bewohnten Orte sind so verschieden von denen, wo gewöhnliche Menschen leben, dass wenig oder kein gemeinsamer Boden der Erinnerung vorhanden ist, der als Grundlage für Verstehen oder Mitgefühl dienen könnte. Wohl werden Worte geäußert, aber sie vermögen nichts zu erhellen. Die Dinge und Ereignisse, auf die sich die Symbole beziehen, gehören Erfahrungsbereichen an, die einander ausschließen.

Uns selbst zu sehen, wie andere uns sehen, ist eine sehr heilsame Gabe. Kaum weniger wichtig ist die Fähigkeit, andere zu sehen, wie sie selbst sich sehen. Was aber, wenn die anderen einer ganz verschiedenen Spezies angehören und ein von Grund auf fremdes Weltall bewohnen? Zum Beispiel, wie können geistig Gesunde je erfahren, was für ein Gefühl es eigentlich ist, wahnsinnig zu sein? Oder wie können wir, wenn wir nicht eben ein Visionär, ein Medium oder ein musikalisches Genie sind, je in die Welten gelangen, in denen Blake, Swedenborg, Johann Sebastian Bach sich bewegten?

(...)

Istigkeit – war das nicht das Wort, das Meister Eckhart so gerne gebrauchte? Das Sein der platonischen Philosophie – nur dass Plato den ungeheuren, den grotesken Irrtum begangen zu haben schien, das Sein vom Werden zu trennen und es dem mathematischen Abstraktum der Idee gleichzusetzen. Der arme Kerl konnte nie gesehen haben, wie Blumen aus ihrem eigenen inneren Licht heraus leuchteten und so großeBedeutung erlangten, dass sie unter dem Druck erbebten, der ihnen auferlegt war; er konnte nie wahrgenommen haben, dass das, was Rose und Schwertlilie und Nelke so eindringlich darstellten, nichts mehr und nichts weniger war, als was sie waren – eine Vergänglichkeit, die doch ewiges Leben war, ein unaufhörliches Vergehen, das gleichzeitig reines Sein war, ein Bündel winziger, einzigartiger Besonderheiten, worin durch ein unaussprechliches und doch selbstverständliches Paradoxon der göttliche Ursprung allen Daseins sichtbar wurde.

(...)

Die beseligende Schau, Sat Chit Ananda, Seins-Gewahr-seins-Seligkeit – zum erstenmal verstand ich, losgelöst von der Bedeutung der Wörter und nicht durch unzusammenhängende Andeutungen oder nur entfernt, sondern deutlich und vollständig, worauf sich diese bedeutungsvollen Silben beziehen. Und dann erinnerte ich mich einer Stelle, die ich bei dem Zen-Philosophen Suzuki gelesen hatte. »Was ist der Dharma-Leib des Buddha?« (Der Dharma-Leib des Buddha ist ein anderer Ausdruck für Geist, So-Sein, die große Leere, die Gottheit.) Die Frage wird in einem Zen-Kloster von einem ernsten Novizen gestellt. Und mit der prompten Irrelevanz eines der Marx Brothers antwortet der Meister: »Die Hecke am Ende des Gartens.« – »Und der Mensch, der diese Wahrheit begreift« fragt der Novize zweifelnd weiter, »was, wenn ich fragen darf, ist der?« Groucho gibt ihm mit seinem Stab eins auf die Schulter und antwortet: »Ein Löwe mit einem goldenen Fell«

Als ich diesen Text gelesen hatte, war er für mich nur ein verschwommen bedeutungsvolles Stückchen Ungereimtheit gewesen. Nun war alles klar wie der Tag, es war so unmittelbar einleuchtend wie Euklid.

Selbstverständlich war der Dharma-Leib des Buddha die Hecke am Ende des Gartens. Gleichzeitig aber, und nicht weniger selbstverständlich, war er diese Blumen, er war alles und jedes, worauf ich – oder vielmehr das selige, für einen Augenblick von meiner umklammernden Umarmung befreite Nicht-Ich – zufällig blickte. Die Bücher zum Beispiel, die die Wände meines Arbeitszimmers bedeckten. Wie die Blumen erglühten auch sie, wenn ich zu ihnen hinsah, in leuchtenderen Farben, Farben von einer tieferen Bedeutsamkeit. Rote Bücher gleich Rubinen, smaragdene Bücher, Bücher in weiße Jade gebunden, Bücher von Achat, von Aquamarin, von gelbem Topas, von Lapislazuli, alle Farben waren so intensiv, so zutiefst bedeutungsvoll, dass sie nahe daran zu sein schienen, die Regale zu verlassen, um sich meiner Aufmerksamkeit noch eindringlicher bemerkbar zu machen.

- aus: Aldous Huxley / Die Pforten der Wahrnehmung

Mittwoch, 13. Mai 2009

Formel.

Turn on, Tune in, Drop out!

- Timothy Leary


Turn on: „Finde ein Sakrament, das Dich zu Gott bringt und zu Deinem eigenen Körper; geh über Dich hinaus, verwandle Dich!“
Tune in: „Bleibe wiedergeboren, drücke es aus, beginne ein neues Leben, das Deine Visionen widerspiegelt!“
Drop out: „Befreie Dich vom äußeren Drama, das so ausgehöhlt und leer ist wie eine TV-Show!“

Dienstag, 12. Mai 2009

Unerwartetes Geschenk.

Als mir vor ein paar Tagen ein Kontrollmeldungstermin von AMS (Arbeitsmarktservice) für Ende Juli ins Haus flatterte, hielt ich es für einen Irrtum. Mein Ausstieg aus dem Unternehmungsgründungsprogramm hatte wahrscheinlich nur einen AMS-internen Mechanismus ausgelöst, der ohne Überprüfung des realen Anspruchs auf Arbeitslosengeld solche Mitteilungen verschickt.

Heute jedoch folgte der Bescheid vom Bundesrechnungszentrum, der meinen Leistungsanspruch bis Ende Oktober bestätigt. Wie und warum ich zu dieser völlig unerwarteten Verlängerung komme, ist mir ein Rätsel. Auch nach längerer Recherche finde ich keine passende Rechtsgrundlage dafür, aber was soll's, ich wäre schön blöd, mich darüber zu beschweren.

Montag, 11. Mai 2009

Reisevorbereitungen / Pending

Ich schiebe die Reisevorbereitungen immer weiter auf, lese lieber quer durch meine Regale. Bis Anfang Juni ist die Bilderwelt nun zwar gefüllt, bis Mitte/Ende August gähnt jedoch immer noch ein großes Loch, das vor der Abreise am 8. Juni gefüllt werden will. Die neuen Bilder erscheinen mir zwar besser als die der letzten Monate, aber so richtig zufrieden bin ich mit keinem, irgendwie ist alles nur Müll. Wenn sich in dieser Hinsicht nicht bald etwas ändern, wird es Zeit damit aufzuhören.

Beim letzten Gedanken gibt es zwar viele guten Gründe erleichtert zu sein, doch er bedrückt mich genauso. Symbolisch gesehen ist die Bilderwelt der letzte "Link" zu meinem vorherigen Leben. Es ist das, was über die Jahre übrig geblieben ist und erzählt mir viel über mich selbst.

Bruce Chatwin: Traumpfade

Obwohl ich es in den letzten 15 Jahren mehrmals in der Hand hatte, wollte es erst jetzt gelesen werden.

Indem er sie beschreibt, entsteht vor den Augen des Lesers die Welt, die er benennt. Insofern tut Chatwin etwas ähnliches wie die Ahnen der Aborigines.

- Martina Konz

Gerade die von Frau Konz kritisierten "verwirrenden" Notizbuch-Einträge halte ich für ausgesprochen lesenswert. Kurzweilig, intelligent, inspirierend - gerade das Richtige vor einem langen Fußweg.

Samstag, 2. Mai 2009

Weiter im Text.

Die schönste Frucht der Selbstgenügsamkeit ist die Freiheit.

- Epikur

Gerade noch so viel im Kopf, was raus wollte, und jetzt? Genaugenommen ist das alles unwichtig, Kleinkram, mehr oder weniger passende Rationalisierungen. Die eine Wahrheit, den einzig richtigen Weg, gibt es nicht, kann es gar nicht geben - Leben funktioniert anders.

Es wird Zeit wieder mit den Meditationen anzufangen. Der Abbruch damals war gut und richtig, doch jetzt muß es weitergehen. Angst - auch die unbewußte - besiegt man nur, in dem man sich ihr stellt.

Das im Herzen zählt.