Dienstag, 27. Juli 2010

Nachschlag: Die Sache mit dem Glück.

Day after day,
Alone on a hill,
The man with the foolish grin is keeping perfectly still
But nobody wants to know him,
They can see that he's just a fool,
And he never gives an answer,

But the fool on the hill,
Sees the sun going down,
And the eyes in his head,
See the world spinning 'round.

- Beatles / The Fool on the Hill

Unter welchen Umständen könnte ich glücklich sein? Wer sich diese Frage stellt, hat schon verloren. Spätestens dann fängt es nämlich im Kopf zu rumoren an, Vergleiche werden gezogen, was habe/hatte ich, was habe ich nicht, was muß ich erreichen, wo zwickt's.

Der grinsende Dicke aus Asien (Buddha) weist in seinen umfangreichen Lehrreden deutlich darauf hin: an was der Mensch leidet, ist sein ICH. Das ICH, der Egoismus, ist Wurzel fast allen Leidens (extern wie intern). Wer es schafft sein ICH zu vergessen, ist, egal was er tut, zufrieden.

Doch wie vergesse ich dieses ICH? Wie lege ich es schlafen und sei es auch nur für kurz? Den einfachsten Weg, den ich für mich gefunden habe, ist die Fesslung meiner Aufmerksamkeit. Ist meine Aufmerksamkeit zu 100% gefesselt, ist das ICH auch schon fort und mit ihm auch der Rest der Welt inklusive Sorgen und Wehwehchen, außer eben dem aktuellen Aufmerksamkeitsfokus. Je länger sich dieser Zustand aufrecht erhalten läßt, umso besser. Man tut eben, was man tut. Die "Aufgabe" direkt vor der Nase ist alles, was zählt.

Unbewußt erlebt das wohl jeder dann und wann unter diesen und jenen Umständen. Das spannende Gespräch mit dem Freund, bei dem man völlig die Zeit vergisst. Das Hobby, in dem man sich so ganz und gar verliert oder das neuerworbene, faszinierende Ding (böse, böse - bloß nur keinen Dingen a la das "neuere und bessere Modell" aus reinem Suchtverhalten nachjagen - das macht definitiv nicht stabil glücklich).

Das, was ich bisher in meinem Leben nicht verstanden habe, ist, wie einfach sich das bewußt kultivieren läßt und es keineswegs von den Zufälligkeiten der aktuellen Umstände abhängt. Sobald die Gedanken z.B. in einem Gespräch anfangen zum Abgleiten, sobald auch nur irgendwelche ICH-Gedanken auftauchen, gar nicht erst weiterdenken, sondern retour mit dem Aufmerksamkeitsfokus zum Gegenüber. Natürlich muß sich das Gegenüber auch auf ein intensives und offenes Gespräch einlassen können. Ansonsten fällt es natürlich "etwas" schwerer, den Aufmerksamkeitsfokus beim Gegenüber, beim Gespräch, bei "der Sache an sich" zu halten.

Natürlich gibt es nicht nur Spannendes auf der Welt, bei dem es einfach fällt, sich zu 100% zu fokussieren. Genaugenommen ist es nämlich sogar anderes herum: nach ein paar Jährchen erscheint dem Standard-Mindset, der nicht sonderlich aufmerksam für das Jetzt ist, alles als Wiederholung. Tag für Tag für Tag. Der nächste Job. Die nächste Beziehung. Dabei ist nichts eine Wiederholung. Keine zwei Handgriffe ähneln sich. Wie sollten sich dann zwei "Zellhaufen" von grob 100.000 Milliarden Zellen sich irgendwie ähnlich sein? Spätestens beim Inhalt des Hirns (Erlerntes, Erinnerungen ...) sind sich auch eineiige Zwillinge nicht mehr sehr ähnlich, wenn sie getrennt leben. So festzementiert wie der Richtungspfeil der Zeit nur in eine Richtung zeigt, so wenig existieren auch Wiederholungen. Das Gefühl der Wiederholung liegt ausschließlich in einem Mangel an Aufmerksamkeit für die Gegenwart.

Anstatt Vergleiche anzustellen, anstatt Hierhin und Dahin zu grübeln, anstatt Gedanken zu folgen, die das Ego streicheln oder piesacken, reicht es, diese Gedanken einfach ins Leere laufen zu lassen. Manche Gedanken sind zwar hartnäckig und kommen immer mal wieder, aber konsequente Ignoranz zahlt sich früher oder später aus. Offen, mit 100% Außenfokus (die Aufgabe vor der eigenen Nase) und somit ohne jegliche Hintergedanken in der Gegenwart - was andere sich darüber denken mögen? Wen kümmert's? Was gestern war? Wen kümmert's? Was morgen ist? Wen kümmert's? Ja - WER fragt da überhaupt?

Natürlich ist das kein Freibrief für irgendwelche Disziplinlosigkeiten. IMHO sind sogar die bewußte Charakterbildung durch Selbstdisziplinierung und eine altruistische Grundhaltung ("niemandem etwas Böses wollen") Grundvoraussetzung für jegliches Glück. Als ethische/moralische Basis reicht die Vorstellung vom Kreislauf der Widergeburten (Karma). Im Grunde ist es dabei belanglos, ob es nun diesen Kreislauf von Widergeburten gibt. Allein der Glaube, das irgendwann in der Zukunft alles Negative retour kommt, hält effektiv vom Falschem ab.

In einer ständig lauter und oberflächlichwerdenden Welt wird es sogar zunehmend schwieriger sich auch nur für Momente auf etwas zu konzentrieren. Anno 2010, im Zeitalter von "Always Online" (Twitter, Chatting, Mobiles ...), ist Konzentration mittlerweile so ein rares Gut, das die gesamte westliche Gesellschaft an einer Aufmerksamkeitsstörung zu leiden scheint. Die explodierenden ADHS-Diagnosen unter Kindern zeigen ja sehr deutlich, das die nachkommenden Generationen extreme Probleme mit dieser lärmenden "Brave New World" und all ihren grellbunten Ablegungen im Sekundentakt haben.

Wie manche Kinder über zig Medien- und Kommunikationskanäle zugedröhnt werden/sich zudröhnen dürfen, ist teilweise echt erbärmlich. Klar sind Kinder fasziniert von dem allen. Ganz natürlich folgt ihre Aufmerksamkeit jedem externen Trigger, denn Abwechslung ist spannender als Wiederholen, das "Neue" ist besser als das "Alte". Wundert es denn da irgendwen wirklich, das solche Kinder dann mit 6 Jahren in der Schule nicht stillsitzen können und gierig nach Abwechslung herumtigern? Wundert es irgendwen, das aus diesen Kindern rasante Ausbildungswechsler werden, die bei kaum etwas länger als ein paar Wochen oder Monate durchhalten? Die schiere Anzahl und das Angebot an Medien- und Kommunikationskanäle streßt doch heute bitte schön jeden Erwachsenen. Per Handy und Mail verwischen sich die Grenzen zwischen Beruf und privat. Ständig piepst es irgendwo, klingelt es, Durchsagen, Musik, diverse Onlinekanäle.

Heute brauchen Kinder mehr denn je jemanden, der ihr Aufmerksamkeitsmanagement übernimmt, der für eine möglichst ruhige und nichthektische Umgebung sorgt und der sie langsam an die Hektik der modernen Welt heranführt. Impulskontrolle ist nicht vererbt. Impulskontrolle muß erlernt werden.

Je gelassener, konsequenter und ruhiger dabei ihre Vorbilder aka Aufmerksamkeitsmanager sind, umso besser. Geregelte Tageszeiten sind faktisch ein MUST-HAVE, klare, einfache Regeln genauso. IMHO ist auch das langsame Heranführen an Arbeit und Verantwortung (z.B. durch Minijobs im Haushalt) notwendig. Eltern, die aus Liebe ihren Kindern alles abnehmen wollen, schaden ihnen eigentlich gewaltig, denn was Klein-Hänschen nicht lernt (z.B.: auch Unangehmes zu ertragen/Respekt vor anderen/Dankbarkeit), lernt Hans kaum noch.

-----------------------------------------------

The Fool on the Hill: ich halte zwar nie 'perfectly still', aber das mit dem Grinsen klappt wunderbar. Natürlich braucht es auch etwas Weitblick und Planung, aber dann plant man eben, wenn es etwas zu planen gibt und setzt es dann um. Jedes plan- und ziellose Herumschweifen der eigenen Aufmerksamkeit, z.B. das Sorgen und sich Gedankenmachen, ist völlige Zeit- und Energievergeudung. Hier und Heute und Jetzt in diesem Moment spielt die Musik, mein Freund und Zwetschkenröster. Der Rest sind Hirngespinste. Vergangenheit ist tot, Zukunft ungeboren. Wohl denn, zurück ins Vergnügen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich träume mir mein Glück in letzter Zeit ganz einfach - auch wenn das nicht immer wirklich optimal ausfällt:

http://heim.blogger.de/stories/1688690/

:)