Donnerstag, 10. Juni 2010

Heisenberg - oder: Die Sicht der Dinge

Von Kameras kennt es jedermann: wenn man irgendwo ranzoomt, braucht die Automatik etwas bis die Schärfe richtig eingestellt ist. Je nach Qualität des eigenen Händewackelns (bzw. der Qualität der Antiwackeltechnik) ist das Bild irgendwann halbwegs ruhig und scharf. Alternativ knipst man mit hoher Geschwindigkeit, also z.B. 1/1000 Sekunde. Irgendwann kriegt man so auch jeden Neo Niki Laudi in Bewegung scharf. Bei schnellen Bewegung braucht es dazu natürlich auch ausreichend Licht. Bei kurzen Belichtungszeiten wird das Bild sonst schnell zu dunkel und kontrastarm.

Spätestens auf atomarer Ebene ist es dann mit dem scharfen Bild vorbei. Die Strukturen beginnen so winzig zu werden, das sie merklich vom beleuchtenden Licht verschoben werden. Die einzelnen Photonen des Lichts wirken wie ein Sandsturm, der auf die Materie bläst. Einerseits bräuchte man, um irgendwo noch genauer hinzusehen (== noch näher heranzuzommen) , mehr Licht, andererseits stört dieses Mehr/Meer an Licht immer mehr die Sicht auf die Dinge.

Eigentlich ist das wie wenn man mit einem Lichtkegel in einem stockdunklen Raum eine Maus fangen will: Ist der Lichtkegel zu breit eingestellt, sehe ich die Maus nicht deutlich genug. Mache ich den Lichtkegel hingegen schmal und damit hell genug für Details der Maus (z.B. ihre hübschen Beisserchen), dann bleiben nur mehr statistische Aussagen über den aktuellen Standort der Maus übrig. Ich erwische sie damit einfach viel seltener. Wenn ich von der Maus nun aber noch Strukturen innerhalb ihrer Beisserchen sehen will, wird der Lichtkegel schon so schmal wie ein Laser. Die Maus erwische ich damit noch seltener und irgendwann stinkt dann das Fell auch ganz erbärmlich.

Die Welt da unten beginnt wirklich sich in ineinander verwobene, winzigste Schatten aufzulösen. Sehe ich irgendwo punktgenau die einzelnen Komponenten, bleibt mir das 'große Ganze' verborgen.

Ich glaube, ich habe das schon irgendwo mal geschrieben - aber egal: das wirklich Erstaunliche ist für mich eigentlich wie "eindeutig" unsere Alltagswelt erscheint. Die großen Strukturen zerfallen nicht einfach, obwohl dafür stets eine Restwahrscheinlichkeit bleibt (obwohl diese wahrscheinlich so gering ist, das gerade niemand hinschaut - die Augenpaare sind nunmal begrenzt - und manche davon wohl auch sediert). Die großen Strukturen existieren, verändern sich zwar mit der Zeit, aber das sie überhaupt da sind, ist erstaunlich. Schalten Sie mal auf einen Fernsehkanal voller Rauschen. Da sehen Sie nicht plötzlich ein längeres, stabiles Bild. Ein interpretierbares, stabiles Bild ist so schnell wieder weg, das meine Augen gar nicht wirklich schnell genug sind und statisch gesehen müßte ich dafür Jahre vor dem Rauschen sitzen. Langfristig stabile Strukturen (Insel im Chaos) erscheinen nicht einfach nur so. Sobald etwas lebt, wird die Umwelt entscheidend.

Nachwievor ist es ein völliges Rätsel, warum z.B. eine kleine Hand voll Elementarteilchen stabil ist und ein ganzes Meer an Verwandten schon in der Wiege das Zeitige segnet.

Vorgestern habe ich 'Understanding DNA' gelesen.

Einerseits erklärt sich auf dem Weg von den kleinsten Strukturen durch Ladungen und Raumstruktur (räumlicher Anordnung der verschiedengroßen Trümmer) vielerlei. Warum ist DNA gerade so gekrümmt wie sie gekrümmt ist? Vielerlei Rätsel lösen sich über Eigenschaften wie Wasserlöslichkeit der Einzelteile und grundsätzlichen Mechanismen. Vielerlei Rätsel tun sich aber dadurch auch wieder auf. Wirklich zwangsläufig erscheint dem rätselnden Verstand dann doch fast nichts. Fast jeder Schritt läßt Alternativen zu. Wissen wir nicht so genau, sollte man noch mal näher erforschen ...

Unheimlich wie der Mensch da rumtrampelt. Wie ein Barbar mit Stein und Keule. Doch das Prinzip (Stein und Keule) hat sich schon damals bewährt und es funktioniert auch heute noch. Für Eingriffe in die DNA kennen wir heute Schlüsseltechnologien. Wir können daran "herumschnipseln" und dann schauen, was mit der Zelle wird. Exakte Prognosen bezüglich Nebenwirkungen im Organismus gerade im Langzeitbereich sind auf keinerlei Level möglich. Mit 'viel Glück' tut es irgendwann mal das, was mal will (natürlich steckt in dem 'viel Glück' noch Mannjahre an Forschung). Ob die Änderung unter veränderten Lebensbedingungen nicht irgendwann ein Problem wird, ist unmöglich vorauszusagen. Die Evolution macht es zwar auch nicht anders, aber der Mensch hilft da heute mit aberwitzigen Kombination sehr deutlich nach.

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