Donnerstag, 11. Juni 2009

Wohin, wohin.

Gedankenversunken gehe ich auf die Dachterasse. Es dauert ein wenig bis ich mir des dumpfen Brummens bewußt werde, das über dem Innenhof liegt. Das Schlagen von Myriaden von Flügelpaaren erzeugt es. Ein knapp zehn Meter durchmessender Bienenschwarm schwebt direkt vor mir, umschließt mich dann, zieht weiter über das Dach, über die nächste Straße. Die Zeit reicht gerade noch für ein paar Schnappschüsse aus dem gegenüberliegenden Dachflächenfenster. Auf den Bildern ist kaum etwas erkennbar, aber als Erinnerungsmarker reicht es.

In Gedanken höre ich meine Mutter schimpfen. Wie kannst Du nur so leichtsinnig sein und stehen bleiben?, kreischt sie. Fiktive Belehrungen wie diese kommen stets aus dem Off. Ich stehe am Fenster, schaue auf Felder und Hügel hinaus und sie steht zetternd und mit irgendetwas klappernd - Geschirr wahrscheinlich - hinter mir irgendwo im Raum. Sie: hysterisch - ich: ruhig. Weil sie Dir nichts tun, Mam, aber in Deiner Hysterie kannst Du das nicht spüren.

Wenn man nicht in Panik gerät, sondern gelassen bleibt, dann ist diese Wolke quirrligen Lebens ein unglaublich faszinierndes Erlebnis. Es kribbelt auf der Haut, wenn sie mich berühren, doch keine läßt sich nieder, denn der Schwarm wandert. Eigentlich wie ich, denke ich, und muß schmunzeln. Wanderer grüßt Wanderer.

Gestern las ich ein Buch von Abt Muho, eines Deutschen, der in Japan ein abgelegenes Zen-Kloster in den Bergen leitet. Die Einblicke in die Zen-Praxis von Heute waren äußerst interessant.

Auf http://antaiji.dogen-zen.de findet sich übrigens die Homepage seines Klosters. Denkt man sich die Architektur des Tempels anders, könnte es genausogut ein Bergbauernhof hier bei uns sein. Das Buch, obwohl es mit vielen Romantisierungen aufräumt - oder vielleicht gerade deswegen -, hat Lust gemacht so etwas in dieser Art auszuprobieren. Antaiji reizt mich schon allein wegen seiner Größe (nur ganz wenige Bewohner), aber auch wegen der Abgeschiedenheit und der (Land-)Arbeit. Bei einem deutschen Abt fällt auch die Sprachbarriere weg.

Je länger ich den Gedanken, dort Herbst/Winter zu verbringen, festhalte, umso mehr gefällt er mir. Wäre das nicht echt genial? Zuerst mal 100 Tage auf Probe und dann weitersehen. Spricht was dagegen? Nein. Ganz im Gegenteil. Je genauer ich es betrachte, umso mehr positive Seiten entdecke ich. Zurück zur Natur, praktizierter Buddhismus, die Chance japanische Kultur direkt zu erleben und die Sprache zu lernen, das Leben in einer Gemeinschaft, und und und.

Bis Ende Juli, wo ich wegen dem Termin beim AMS wieder in Graz sein muß, darf diese "Schnapsidee" nun erstmal reifen. Heute bin ich jedenfalls davon begeistert. Das vereint viele Punkte von meiner 'Was ich schon immer mal tun wollte'-Liste in einem, ja, heute erscheint es mir geradezu maßgeschneidert.

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