Freitag, 19. März 2010

Bilanzieren.

Vor zwei Jahren stand ich am Abgrund. Obwohl ich mich abmühte, entglitt mir mein Leben in jeglicher Hinsicht und wurde zu etwas, was ich so nie führen wollte, etwas unsäglich Mühseliges, ein ständiges Anrennen gegen unüberwindbare Wände. Alkoholexzesse, Tabletten, 100 Zigaretten am Tag - ich griff nach jedem Strohhalm, der mich irgendwie genug betäubte, um am nächsten Morgen doch wieder weiter zu machen und nicht den letzten Schritt zu gehen.

Wenn das Leben so wird, läuft etwas grundsätzlich falsch. Egal welche Illusionen oder Ideale man im Kopf hat, welche 'man sollte', 'man muß' oder 'man will': jedes Leben ist sein eigener Fluß gegen den man auf Dauer nicht anschwimmen kann. Man kann sich anstrengen so sehr man will, kann den Fluß mal ein Stück weit zurückschwimmen oder queren, um in einen anderen Seitenarm zu gelangen, aber schlußendlich muß man sich dem Fließen des Stroms übergeben oder man ertrinkt.

Manche nennen diesen Strom Schicksal, andere den eigenen Lebensweg gehen. Ich weiß zwar nicht, ob dieser Fluß schon von vornherein kartiert ist - wahrscheinlich nicht - (und mit dem Verstand läßt er sich auch nicht greifen), aber eins weiß ich: wenn es gelingt, sich in das Fließen einzuordnen, fällt alles ganz leicht. Sorgen, Bedenken, Ärger - all das verschwindet. Da ist kein 'ich will' mehr. Was getan werden muß, wird getan. Was passiert, passiert und es ist in Ordnung, völlig in Ordnung.

Heute lebe ich von dem, was ich früher nur für Zigaretten ausgegeben habe (~300 Euro). Nicht, weil es notwendig wäre, sondern weil einfach kein Bedürfnis nach all dem Schnickschnack mehr da ist. Selbst Bücher kaufe ich kaum noch, sondern lese lieber ein paar der Klassiker, die sowieso schon seit Jahrzehnten in meinen Regalen stehen. Filme und Fachliteratur liefert der (geteilte) Breitbandanschluß gratis und werbungsfrei für 10 Euro im Monat. Die Ernährung ist auf fast fleisch- und fettfrei umgestellt. Ich rauche zwar noch, aber komme kaum über 10 Zigaretten am Tag.

Das Glück liegt am Ende des Wollens. Und 'ja', heute, zwei Jahre später, bin ich glücklich. Die Stimmung pendelt zwar noch hin und wieder, aber da ist eine große, weite Gelassenheit, die alles anfüllt. Ich genieße die Einsamkeit, ich genieße die Stunden der Intimität mit E. und wenn es nach mir geht, kann es für den Rest meines Lebens so weiter gehen. Da ist nichts, was ich will, nichts, dem ich hinterher laufen würde. Da ist aber auch nichts, dem ich ausweiche, vor dem ich zu fliehen versuche. Ich bin und das reicht.

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